Der Brief wurde von meinem Bruder Erik Zenker aus der
altdeutschen Schrift übertragen. /SZ
Wittgensdorf, den 13 Nov. 1843
Geehrtester Freund,
Beiliegendes Briefchen, von Oskar an Ihre werthe Frau
Gemahlin gerichtet, werden Sie als ein Zeichen kindlicher Dankbarkeit
freundlich aufnehmen. Der kleine Bursche trank an seinem vorigen Geburtstage,
am 19 Dat., an welchem er das 8te Lebensjahr antrat, zum ersten
Male aus dem Becher, den Sie ihm als Andenken an seinen Tauftag geschenkt
haben. Wir erinnerten ihn an die gütigen Gaben, und so hielt er es für
seine Pflicht, Ihnen schriftlich seinen Dank abzustatten. Das Briefchen,
wie es Ihnen vorliegt, ist sein eigenes Erzeugniß. Weder in stylistischer
noch in orthographischer Hinsicht ist von mir etwas daran gethan worden.
Auf solche Weise können Sie ersehen, was der Bursche leistet, und dass
er hinter den Stadtkindern nicht zurückgeblieben ist. – Die kleine Naturgeschichte,
die er ebenfalls von Ihnen empfing, hat er so durchstudiert, dass er
über jedes darin beschriebene Thier Rede und Antwort geben kann.
Der Bursche ist so groß und stark geworden, daß er alle
Kinder seines Alters übertrifft. Sie würden sich wohl wundern, wenn
Sie ihn sähen in der Fülle der Gesundheit und der Kraft. Leider können
wir dies nicht von unserem kleinen Richard sagen. Der Knabe, der während
dieses Sommers so kräftig gedieh, war in den Tagen, die ich in Leipzig
verbrachte, plötzlich in Folge des Zahnens erkrankt und heftig angegriffen
worden. Durch ärztliche Hülfe und sorgfältige Pflege ward er so weit
hergestellt, dass wir die schäusten Hoffnungen fassen konnten. Doch
da überfiel ihn der leidige Keuschhusten, der in unserer Gegend außerordentlich
grassiret und von dem auch unsere beiden Mädchen angegriffen worden
sind. Jenes Uebel lässt ihn wenig Ruhe und zehrt ihn immer mehr ab.
Ob wir ihn erhalten werden? Das ist die Frage, die wir täglich ängstlich
aufwerfen. Wie viel meine Frau dabei leide, die Tag und Nacht ihn bei
sich hat, werden Sie leicht ermessen. – Nun hoffen wir auf Gott, er
wird’s ja wohl machen!
Sie wollten so gütig sein und mir gelegentlich ein ????-les
Vater unser...? zukommen lassen. Dürfte ich Sie an dieses freundliche
Versprechen erinnern?
Den Wunsch Oskars, Sie im nächsten Jahre bei uns zu sehen,
theilen wir von ganzem Herzen, und Sie werden ihn wohl zu erfüllen suchen.
Mit Neuigkeiten aus unserem Dorfe kann ich Ihnen nicht dienen. Wie sollten
auch Großstädter sich um die lieben Dörfer bekümmern? Vielleicht hören
wir Manches von Ihnen, wenn Sie uns einmal mit einem Briefchen erfreuen.
Indem (?) wir uns Ihnen bestens empfehlen und Ihr ...... Wohlwollen
bitten, verbleibe
Ew. Wohlgeboren |
ergebenster |
M. Ackermann.
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